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Terroir und Kampfkunst

 

 

 

Einleitung

 

Im französischen Agrarbereich gibt es den Begriff Terroir, was soviel bedeutet wie Gegend, Region. Der Ausdruck ist international vor allem im Zusammenhang mit Weinanbau bekannt geworden. Dort steht er für das Zusammenspiel der (naturgegebenen) Faktoren, die Qualität und Charakter eines Weins prägen. Dazu gehören die Bodenbeschaffenheit, die Landschaftsform, Niederschlagsmengen, Sonnenscheindauer, Temperaturverläufe, Frost, Nebel, etc.

Neben weiträumigen Größen gibt es auch begrenzte Einflüsse an den genauen Standorten der Reben, z.B. das Mikroklima, die mikrobiologischen Eigenarten, etwas mehr Sonne, andere Mineralien, andere Wärmespeicherfähigkeit, abweichende Bodenfeuchtigkeit der einen Hangseite, weil auf der anderen Seite ein Bauernhof in Hörweite liegt und Vögel vom Gequieke der Schweine aufgeschreckt werden und dann auf die Seite fliegen, wo es ruhiger ist, um dort rumzupicken, und dadurch etwas mehr Erosion entsteht und dadurch Wasser anders abfließt. Im Prinzip gibt es unendlich viele mögliche Parameter. Und so kann es sein, dass man trotz scheinbar gleicher Bedingungen auf benachbarten Parzellen ganz unterschiedliche Ergebnisse erzielt.

 

 

Anbau und Aufzucht des Budoka

 

werden ebenfalls von einer Vielzahl Einflüsse geprägt. Da ist das Klima im Verein und in einzelnen Trainingseinheiten, der Boden der Halle und ihre Temperaturen in Sommer und Winter, Niederschläge, die geistige Erosion der Mitglieder und Funktionäre in Vereinen und Verbänden. Ist das Training hart oder starr oder dynamisch oder weich oder verweichlicht, gibt es Qualitätskontrollen, Gürtelprüfungen oder Schenkungen, Fortschritt oder Stillstand mit Farbwechsel, Illusion oder Wirklichkeit, wird man verhätschelt oder wachgerüttelt, was machen die Trainer, das Verhalten anderer Schüler, wird man hochgezogen oder runter, Versportlichung oder Perspektiven, gibt es Vorbilder, Abziehbilder oder Schreckensbilder.

 

Neben den allgemeinen Eigenarten des Trainingsbetriebs finden sich auch hier stark räumlich und zeitlich begrenzte Einflüsse, die manchmal nur Minuten oder Sekunden dauern, aber entscheidende Wirkung haben können.

Konkreter: bei dem einen Training ist da immer dieser Typ, der so stark abwehrt, dass es weh tut und blaue Flecke gibt, da geht man lieber nicht hin oder gerade deshalb geht man da hin, zur Abhärtung, und dann ist da der eine, der beim Angriff absichtlich vorbeihaut, mit dem ist das richtig harmonisch oder sinnlos, und dann ist da der andere, der so schnell ist, dass man nicht abwehren kann, das ist frustrierend oder motivierend, und der eine Lehrer zeigt immer die Sachen, die man überhaupt nicht kann und die man nicht mag, und bei dem anderen Trainer fühlt man sich so gut, und man kann nur die Dinge machen, die in der Prüfungsordnung stehen oder nachsehen, was außerhalb des Vorgartens passiert, und man kann Übungen abkürzen, dann ist man schneller fertig, und man kann zu dem Prüfer gehen, der die geringsten Durchfallquoten hat, und dann ist da dieser Trainer, der so nett ist und nie sagt, dass man etwas falsch macht, oder man lässt sich von einem anderen Winzer anscheißen, um so die richtige Düngung zu erhalten und ... oder ... oder ... oder ... und ... und ... und ... und ... .

 

 

Aber,

 

Analogien dürfen nicht beliebig strapaziert werden. Herauszuheben ist vor allem ein grundlegender Punkt, wo der Vergleich nicht stimmt, wo jeder den Vergleich nicht stimmen lassen sollte: Die Bedeutung der Rebsorte. Diese spielt beim Weinbau eine entscheidende Rolle. Bei den Kampfkünsten sollte sie auf Dauer immer unwichtiger werden, siehe dazu auch den Artikel  Vorteile und Nachteile.

 

 

Und so

 

kann sich jeder in sein persönliches Terroir begeben oder es selbst bereiten und entscheiden, ob er ein Château Latour werden will, ein Chappellet Cabernet Sauvignon, ein Châteauneuf-du-Pape, ein Casa Lapostolle Clos Apalta, ein Penfolds Grange, ein Fontodi Flaccianello oder eine verdünnte gezuckerte Glykolschale Pont Bonheur du Clochard. Oder ob man vielleicht doch lieber ein Château Mouton-Rothschild werden will. Wohlgemerkt werden will. Denn eines sollte klar sein: Das prestigeträchtige Etikett bekommt heutzutage jede Flasche.

 

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