Höhlenmalerei
Meine sehr geehrten Damen und Herren. An dieser
Stelle unserer Tour blicken wir weit in die Vergangenheit zurück.
Vor uns befindet sich eine Abfolge von Höhlenmalereien. Das sind allesamt Originale, die aus
dem Gebiet zwischen dem heutigen Braunschweig und Hameln stammen.
Sie wurden bei Steinbrucharbeiten entdeckt und dann hier in unser
Museum gebracht.
Die erste Steinwand zeigt Szenen aus dem Alltag
der Höhlenmenschen, die auf das Zeitalter des Kukyukums datiert
werden. Da ist eine Gruppe
von Personen, die
verschiedenen Beschäftigungen nachgehen. Besonders interessant sind
die Jäger. Man erkennt, wie sie sich körperlich stärken,
den Gebrauch von Waffen
trainieren und, was erstaunen mag, sich auch mit spirituellen Übungen
vorbereiten.
Die nächsten Motive
beschreiben eine Jagdszene. Da ist die geschickte Annäherung, das
Beobachten, das Abpassen eines geeigneten Zeitpunktes, das Ergreifen der Gelegenheit und dann der
Angriff.
Hier sehen Sie, wie die Beute zerlegt wird. Auch die Zähne des
Beutetieres werden verteilt. Diejenigen Krieger, die besonders große
Fähigkeiten bewiesen haben, bekommen besonders große Zähne, andere
kleinere und manche gar keine. Die Jäger tragen sie
an
einer Art
Kette um den Hals. Durch Anzahl und Größe der Tierzähne
sind sie
zu unterscheiden und das bestimmt auch ihre Rangordnung.
So hat
sich mit der Zeit eine Gesellschaft entwickelt mit funktionierender
Nahrungsbeschaffung und, ich gebe zu, der Begriff ist vielleicht
übertrieben, aber man könnte es als rudimentäres Bildungssystem
bezeichnen.
Ja, meine Damen und Herren, Sie lachen. Aber was
sind diese Zähne denn anderes, als das, was wir heute als Diplome,
Rangabzeichen oder Titel bezeichnen würden. Forschungen haben
ergeben, dass die
sogenannten Vielgroßzahnträger (Homo multusdenspossessor) Anführer,
Vorbilder und Lehrer waren. Dieses Gemeinwesen hat sich tausende von
Jahren am Leben erhalten.
Und dann, innerhalb
eines relativ kurzen Zeitraumes, ist diese Gesellschaft
untergegangen. Wie konnte das geschehen? Betrachten wir
dazu den nächsten Bilderzyklus.
Da sehen wir jemanden, der auf den ersten Blick
wieder der Jagd nachgeht. Schnell wird klar, was er wirklich
will.
Er sucht verendete Tiere und bemächtigt sich ihrer
Zähne. Mit einigen davon schmückt er sich selbst, wohl um in der Gesellschaft besonders
hoch angesehen zu werden.
Aber es geht noch weiter. Wir wissen heute, dass
die gefundenen Zähne an andere Höhlenbewohner verschenkt oder gegen
Gefallen und Geschenke eingetauscht wurden.
Was hatte das auf Dauer zur Folge? Richtig, den
schleichenden Niedergang der Kultur. Immer mehr Personen besorgten
sich Zähne auf diese Weise. Es gibt sogar Funde, die auf eine
künstliche Herstellung von zahnähnlichen Objekten hinweisen.
Ungeeignete Leute wurden so zu Anführern, mit katastrophalen
Auswirkungen auf die Gesellschaft. Soziologen datieren hier die
Geburt der Politik.
Es wird vermutet, dass das Wissen über und die
Fähigkeit zur Jagd immer mehr verloren gingen, was letztendlich zum
Untergang führte. Betrachten wir dazu ein weiteres
Bild.
Die Jäger laufen hektisch rumfuchtelnd auf die
anvisierte Beute zu. Dann hüpfen sie vor dem Tier schreiend hin und
her. Dabei handhaben sie ungelenk ihre Waffen, die
meist das Ziel verfehlen. Einige Krieger erlegen sogar ihre
Kameraden oder sich selbst. Hinterher werden mitgebrachte Zähne an
alle Anwesenden verteilt.
Geschichte wiederholt
sich offenbar schon in diesem frühen Stadium: Aufbau - Bestand -
Verfall - Dekadenz - Untergang. Dieses Muster findet man bis heute in vielen
Bereichen.
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Schön, wir machen hier
eine kurze Pause und danach erzähle ich Ihnen, warum die schwarze
Pyramide umgekippt ist.
© 2006
HAW |