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Wieder einmal gab es im Vorfeld der Ausstellung einen Eklat, als Aktionskünstlern untersagt wurde, in der Fußgängerzone mit laufenden Kettensägen zu tanzen. Teile der sozialen Medien sprechen hier von Verletzung der Persönlichkeitsrechte.

 

Und damit Willkommen zu einem Rundgang über die Budomenta 15. Unsere heutigen Kommentatoren sind 

 

der Olympiasieger im Unterwasser-Fallschirmspringen,

die Kuratorin der Galerie für Prähistorische Acrylmalerei,

der Inhaber des Lehrstuhls für Kühlschranktüröffnen-Wissenschaft,

der weltweit einzige Coach für die Auswahl von Rauhfasertapeten,

die Sprecherin der Organisation „Tuesdays for Warp Drive“

und das Politisch Korrektheit Beauftragt.

 

 

Bereits am Eingang weist ein Schild auf den Wasserfall der Träume hin, einen der Publikumsmagnete, zu dem alle Wege führen.

 

 

Doch zunächst empfangen uns alte Bekannte, die schon in der Vergangenheit  sehr gut angenommen wurden. Es handelt sich um Brötchenskulpturen verschiedener Größen, in die die Leute reinkriechen oder Geld reinstecken können.

 

Die Klassiker mit Kultstatus. 

 

 

Auf einer breiten Promenade flaniert man in Richtung Hauptgebäude. Parallel dazu befindet sich eine Installation aus Eseln, die auf einem Laufband vor ihnen angebrachten Möhren nachlaufen.

 

Das hat eine Symboldichte, die jedes schwarze Loch verstopfen würde.

 

 

Vorbei am Palast der philosophierenden Abrissbirnen geht es zur Freifläche, wo Konzeptkünstler Mikado mit Baumstämmen spielen und dabei Shakespaere zitieren. Im angrenzenden Theater führt das Ballett-Ensemble der „Hüpfenden Rinderhälften“ eine unvergessliche Choreographie von Schwanensee auf.

 

Etliche Fernsehsender weigern sich, die Darbietung zu übertragen.

 

Es gibt keinen einzelnen Kraftausdruck, um zu beschreiben, was da passiert.

 

Ein Fest für Liebhaber von Klimawandeln.

 

 

In einem Blumenbeet tummeln sich Darsteller, die nur mittwochs zwischen 17 und 18 Uhr auftreten. Dazu verkleiden sie sich als Bäume und dreschen mit Gießkannen auf Pflanzensetzlinge ein. Laut Ausstellungskatalog werden hier traumatische Erfahrungen aus dem öffentlichen Personennahverkehr thematisiert.

 

Gerüchten zufolge handelt es sich um Influencer, die von der Autoindustrie gesponsert werden.

 

Sollten die nicht im Internet Kosmetikprodukte verkosten ?

 

 

Dahinter sieht man ein Schwimmbecken mit zehn Meter Sprungturm, aber ohne Wasser. Das Areal wurde abgeriegelt, als radikale Schwerkraftleugner eine Performance mit der Bezeichnung „Gravitation - Unser Freund ankündigten.

 

Danach rief der Bereitschaftsdienst der Befindlichkeiten zu Demonstrationen gegen Zensur und Überwachungsstaat auf.

 

 

Eine der Hauptattraktionen trägt den Titel „Blockchain auf der Wiese“. Hier sind 100 Kühe nebeneinander aufgestellt, flankiert von einer Rampe. Jede Stunde rast ein Schweineroboter mit Künstlicher Intelligenz darauf und hechtet über die Rinder. Dabei wird jedes Tier mit einem digitalen Code gestempelt, was es durch den Ausstoß einer Methanwolke quittiert. Am Ende der Strecke springt das Schwein in die Luft, wirft ein Bitcoin aus und grunzt: „Das Schürfen ist vollendet.“

 

Das ist ein wichtiger Beitrag zur Volksbildung. So anschaulich bekommt man High-Tech selten erklärt.

 

In was für einer futuristsichen Welt wir doch leben.

    

Aber der CO2-Arschabdruck der Installation überschreitet den zulässigen Grenzwert.

 

Wobei Umweltschutz ein wichtiges Thema dieser Veranstaltung ist. Dennoch landet der meiste Abfall in der Botanik, da die Mülleimer ab einem bestimmten Füllstand mit Kunstwerken verwechselt werden.   

 

Für die autonome Energieversorgung entstand ein voll funktionsfähiges Kernkraftwerk aus Legosteinen. Das Projekt scheiterte, als die Anlage über Nacht von Guerilla-Bastlern in ein Windrad umgebaut wurde. Dieses steht allerdings still, weil der Mindestabstand zu einer Krötenpopulation nicht eingehalten wird.

   

Nun deuten Politiker die Konstruktion als Ventilator für Mischwälder um.   

 

 

Durch Zufall entdecken wir eine Aussichtsplattform mit klarem Blick auf die Umgebung. Über das Gelände verteilt sind Absperrungen und Sichtschutze. Offenbar wurde die Show auf einer vorherigen Ausstellung errichtet, die entkernt und deren Fassade weiter benutzt wird.

 

 

Derweil erfreut sich das Publikum an zahlreichen neuen Kunstformaten. Wir ersparen uns das Gehege mit den gepolsterten Vorschlaghämmern und die Kläranlage zum MItmachen. Ebenso den Springbrunnen des modernen Wassers, aus dem feinster Wüstensand sprudelt.

Dafür betört der Pavillon mit den Tarnkappen-Elektrorollern.

 

Einige können jetzt selbstständig fahren.

 

Meine Güte ! Was, wenn sie zu denken anfangen ?

    

Im Amphietheater werden Haustiere und Backwaren in den Adelsstand erhoben. Die Audienzen von Graf Lumpi und Baronin zu Plunder haben Millionen von Followern.

Nicht zu übersehen ist ein Wandmosaik aus hunderten Spiegeln. Es trägt den Namen „Schwarmblödheit“ und ist das meist fotografierte Objekt der Schau.

 

Daneben werden die Gemälde alter Meister mit Ölfarbe übermalt. Dies glorifiziert die Besinnung auf das Unwesentliche.

 

Und entlarvt auf einer tieferen Ebene die überhöhte Romantik technischer Perfektion.

 

 

Wir gelangen zur Bühne der Klopapierabrollkünstler. Unterschätzt und ignoriert, verkörpern sie den reduzierten Kunstbegriff in Reinkultur und sind zugleich Gründungswerk einer basisdemokratischen Ausdrucksform. Nach einem langen Entwicklungs- und Reifeprozess, der sich über Jonglieren, Werfen, Stapeln und Tragen hinzog, kam der endgültige Durchbruch.

 

Ja, viele werden sagen: Das kann ich auch. Aber nein, nicht so, nicht in dieser Perfektion. Und man muss erst einmal darauf kommen.

    

   

Einen weiteren revolutionären Ansatzt verfolgt das Künstlerkollektiv SANFT, was für „Super Augmented Non Fungible Token“ steht. Hier wurde das hochauflösende Bild einer vergoldeten Klobürste zur Internationalen Raumstation gesendet und umkreiste dort 9,81 mal den Planeten. Zurück auf der Erde wurde das Horoskop der Bürste erstellt und zusammen mit ihrem Bild für einen Millionenbetrag versteigert.

 

Das leitet eine neue Epoche der bildenden Kunst ein.

 

Hier werden Berührungsängste zum Kulturpessimismus abgebaut. 

 

 

Auf einem Podest steht eine Skulptur mit dem Titel „Blaue Kugel aus Metall“, wobei es sich eindeutig um einen grünen Würfel  aus Holz handelt.

 

Welch prachtvolle Ornamentik zur Befreiung von den Ketten eines antiquierten Sprachverständnisses.

 

Aber fragen wir doch die Künstler selbst. Was wollen Sie damit sagen ? 

 

Es ist die Utopie einer personalisierten Linguistik auf Grundlage kubistischer Visionen.

 

Sprache ändert sich, und jeder kann und sollte dabei ungehemmt mitmachen.

 

 

Aus der gleichen Denkschule entstammt das Gummi-Standbild aus ineinander verdrehten Bretzeln. Der politisch korrekte Originaltitel der Arbeit ist mehrere Seiten lang, hier steht stellvertretend dafür der Wort-Avatar „Upf-XV5“.

 

Das ist unbegrenzt systemrelevant.

 

Ein Füllhorn voll von antidiskriminierender Gleichberechtigung.

 

Und das ist auch ganz ganz sehr sehr wichtig eben halt auch zur Schaffung von Arbeitsplätzen und Arbeitsplätzinnen in der ehemaligen früheren DDR.

 

 

Als nächstes begeben wir uns in ein Labyrinth aus verschachtelten Räumen, die sich nur in Nuancen unterscheiden und regelmäßig mit verschiedenfarbigem Licht geflutet werden. Schnell verliert man die Orientierung, schlendert unbeschwert bespaßt duch den Komplex, kann den Irrgarten dann aber erstaunlich leicht durch ein großes schwarzes Tor verlassen.  

 

Draußen gibt es wieder einen Hinweis auf den Wasserfall der Träume. Von weitem hört man erfrischendes Plätschern und sieht einen Regenbogen, der in allen Farben erstrahlt. Gespannt nähern wir uns dem Exponat und erkennen, dass es sich um eine hausgroße, durchsichtige Kloschüssel handelt, durch die gefärbtes Wasser gespült wird.

 

Auf dem Rückweg erstaunt uns dann die Parade der letzten Einhörner. Beim Ausgang erhält jeder Besucher als Souvenir eine der beliebten Seifenblasen am Stil.

 

Wie wird die Zukunft ? Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass sich das Spektakel zu einer giftigen Raupe entwickelt, die versucht, ihr Umfeld zu kolonisieren.

 

Aber vielleicht überrascht uns die Evolution und alles wird wieder zu einem bunten Schmetterling.

 

Was auch geschieht, es gibt ja noch das Museum für Vergessene Kunst. Ein Aufenthalt lohnt sich immer. Bis zum nächsten Mal.

 

 

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