Sondersendung
Sehr
geehrte Damen und Herren, wir begrüßen Sie zu unserer Sondersendung.
Thema ist das Ereignis, das wie kein anderes der letzten Zeit
Schlagzeilen gemacht hat und die Gemüter aller Parteien erregt. Der
eigentliche Auslöser ist mit wenigen Worten zu beschreiben: Der
örtliche Antisensei hat jemanden bei einer Graduierung durchfallen
lassen.
Wir
schalten nun zu unserem Reporter vor
Ort.
Was
genau hat sich ereignet
?
Gestern Mittag gegen 14:35 ist ein Grüngurt bei
der Violettgurtprüfung durchgefallen.
Hat
sich das im Vorfeld irgendwie angekündigt
?
Nein, alles lief zunächst ab wie gewohnt, bis
der Schenkungsvorgang plötzlich durch dieses unfassbare
Ereignis unterbrochen
wurde.
Wie war die Reaktion der unmittelbar Beteiligten
?
Fassungslosigkeit bei den Zuschauern. Loyale
Helfer des Antisensei fragten mehrmals nach, ob es ernst gemeint
sei. Gelbgurte bekamen Schreikrämpfe. Die meisten
Prüfungskandidaten zogen in Panik ihre Unterlagen zurück. Als der
Tumult immer mehr zunahm, wurde die Veranstaltung schließlich
abgebrochen.
Dazu einige Kommentare von
Augenzeugen:
Was denkt der sich denn ? Es wurde
schließlich
bezahlt.
Das hat nichts mehr mit Kampfsport zu
tun.
Wenn das so weitergeht, brauche ich zwei Jahre
bis zum
Schwarzgurt.
Den Kerl sollte man öffentlich
entdanen.
Das ist der Totengräber des
Budo-Geistes.
Diesem *** *** würde ich am
liebsten den *** und *** in seinen
*** *** ***.
Barbarisch, unmenschlich und
verachtenswert.
Erst das Gerede von Tradition, und jetzt sowas.
Ein Skandal.
Mittlerweile liegt eine erste Stellungnahme der
Gewerkschaft der Schenkungsfachkräfte vor, nach der man sich von der
Handlungsweise des besagten Antisensei distanziert. Wie ist das zu
bewerten ?
Nun, hierbei handelt es sich ja um
eine Organisation, die im wesentlichen die Interessen von
Antisenseis und Funktionären in opportunistischster Weise vertritt.
Hier haben wir in der Vergangenheit regelmäßig den krassen
Unterschied zwischen Reden und Handeln erlebt. Denken wir nur an das
Dementi zur Einführung von Milli-Ippons bei Wettkämpfen. Heute ist
die Vergabe von tausendstel Punkten und weniger gängige
Praxis.
Da bleiben sicher viele Dinge zu klären. In
einer Konferenzschaltung befragen wir nun einige
führende Lobbyisten.
Meine Damen und Herren. Ist das ein Einzelfall,
populistisches Symbol oder der Anfang einer prinzipiellen Wende der
Graduierungspolitik
?
Ja, im Gegenteil. Hier zeigt der
Antisensei seine wahre Motivation im Bestreben, es allen recht zu
machen. Die bislang platte Anbiederung der breiten Masse wird um den
Aspekt der subtilen Umgarnung der
utopisch-inhaltsgelenkten Randgruppen
erweitert.
Wir von der Alternativen
Prüfungsordnung verurteilen im Namen aller Grüngurte und
Grüngurtinnen diesen Vorfall aufs
Schärfste.
Der Antisensei steht unter Druck.
Es stehen Wahlen an und er versucht auf diese Weise Stimmen aus dem
Qualitätslager an sich zu
ziehen.
Es ist doch offensichtlich. Der
einzige Zweck dieser Handlung besteht in einer schleichenden
Resozialisierung der Scharlatane.
Also, man darf nicht
verallgemeinern und so tun, als ob hier jemand stellvertretend für
alle Schenker agiert.
Es ist die Tat eines
irregeleiteten
Einzelnen.
Entschuldigen Sie bitte, wir unterbrechen kurz
diesen Beitrag. Soeben erfahren wir, daß sich als Konsequenz aus den
Ereignissen ein neuer Verband gegründet haben
soll.
Das ist richtig. Es ist aber nicht
nur ein neuer Fachverband, sondern gleichzeitig auch eine neue
Stilrichtung entstanden. Initiatoren der Aktion sind einige
ehemalige Grüngurte, die sich als 6. Meistergrade eingesetzt
haben. Wir fragen dazu den Sprecher des neuen Verbandes, es handelt
sich um den durchgefallenen Grüngurt, nunmehr also 6.
Schwarzgurt.
Sensei, wie ordnen Sie die
Gründung des neuen Verbandes ein
?
Dieser Schritt war eine zwingende Notwendigkeit,
um das Überleben der Kampfkünste zu sichern. Gerade wir in der
Dan-Oberliga haben eine Verantwortung, der wir gerecht werden
müssen. Im Vordergrund steht die Erhaltung von Tradition, Respekt
und Werteordnung.
Meister, wir bedanken uns
für das klärende
Gespräch.