Martial
Ink
Folge 2
Hallo, ich bin X, der Gründer von
Martial Ink, einem Tattoo-Studio spezialisiert auf Budo und
Kampfsport Motive. Zusammen mit einigen Kollegen erstellen
wir Bilder der besonderen Art. Unsere Arbeiten werden auf
Gürtelschenkungsbühnen, Saunen, Dusch- und Umkleideräumen von ihren
Besitzern vorgeführt.
Unsere Philosophie ist es, die
amtierenden Laien-Ausbeuter vorzuführen und dann deren Klientel
selbst auszunutzen. Die Leute haben oft genung mit Worten und
Taten zum Ausdruck gebracht, dass sie betrogen und für dumm verkauft
werden wollen. Wenn sie meinen, dass das so sein muss, dann
sollen sie es bekommen und zwar von den besten Verarschern
überhaupt, nämlich
uns.
.
.
.
Am Vormittag haben
wir zunächst den Gürtel-Schenklingen der letzten Zeit
Rechnungen über Feinstaubplaketten für Umkleidekabinen
geschickt. Die meisten haben gezahlt und einige sogar nach
einem Abonnement dafür
gefragt.
.
.
.
Danach ging es zum Tagesgeschäft. Es hatte
sich wieder einmal
der Antisensei vom ***
Verein angemeldet. Er erzählte, dass er verreisen will und
aus diesem Anlass ein neues Tattoo
braucht.
.
.
Und da kommt der Scharlatan auch
schon.
Hallo, alles klar
?!
Was können wir für dich tun
?
Ich fahre nach Japan und will dort
bekannte Leute treffen. Ich brauche ein Tattoo, das allen zeigt, wie
ich mich in die Ahnenriege der anderen großen Meister einordne und
sie in die Zukunft
führe.
Geht klar, in zwei Stunden
haben wir eine Vorlage angefertigt.
In Ordnung, bis
später.
.
.
.
Dieses mal haben wir uns
für den Kurpfuscher ein ganz besonderes Motiv ausgedacht: "Fugu mit
Fritten". Eine der abstoßendsten kulinarischen Zusammenstellungen,
die man sich vorstellen kann. Das wird ihm den Ruf verschaffen, den
er verdient und wir verdienen auch daran.
.
.
.
Der Quacksalber
naht.
Hallo, alles klar
?!
Ja, hier ist der
Entwurf.
Mhh, ja. Was ist es denn
?
Das ist eine
traditionelle japanische Weltkugel, verziert mit
westlichen Goldbarren von Ludolph dem Eroberer. Das symbolisiert die
Symbiose von asiatischer Tradition und fremden Kunstobjekten. Der
Träger des Bildes drückt damit Verständnis und Respekt
vor anderen Kulturen aus.
Ja genau, alle wollen immer nur mit
mir reden und ich bin überall bekannt. Das nehme ich. Vielleicht
auch als Logo auf meinen Firmenwagen.
.
.
.
Und auch das haben wir professionell
und gut sichtbar angefertigt. Jetzt bleibt zu hoffen,
dass der Augenwischer es möglichst vielen Leuten
zeigt.
Einige Tage später meldete
sich der Antisensei wieder. Er fand, dass sein neues Tattoo
etwas farblos sei. Daraufhin haben wir ihm zu dem Fugu mit Fritten
eine Portion Schlagsahne oben drauf gepackt.
Wir haben ihm erzählt, dass es der
Schneegipfel des asiatischen Teils des Kilimandscharo sei und
geistige Ruhe sowie ein hohes Bildungsniveau ausdrückt. Er war
wieder begeistert und wenn ihm das immer noch zu wenig ist, bekommt
er das nächste Mal noch eine Cocktailkirsche dazu. Die symbolisiert
dann die rote Sonne der japanischen
Nationalflagge.
.
.
.
Am
Nachmittag kam der notorische
Ja-Sager E in
unseren Shop, seineszeichens selbsternannter Guru im Hofstaat
des Anti-Vereinsvorsitzenden und Centerfold der Mai Ausgabe von
Play-Kotztüte. Unser Kollege Z hatte beim Würfeln
verloren und musste ihn
bedienen.
Hi Leute.
Hallo, was können wir für dich tun
?
Also, ich möchte mein Engagement für
den Verein und meinen Vorsitzenden ausdrücken. Es soll etwas ganz
einfaches sein, ohne Schnörkel und klar verständlich für
alle.
In Ordnung, wir überlegen uns
etwas. In einer Stunde wird es fertig
sein.
OK, bis dahin
dann.
.
.
.
Auch E
gehört zu denjenigen, die man sofort rausschmeißen sollte, sowohl
aus allen Vereinen als auch aus unserem Geschäft. Aber wir
wollen an sein Geld ran und ihn vor allen Leuten bloßstellen.
Das motiviert und unterdrückt den
Brechreiz.
.
.
.
Hallo, habt ihr euch etwas passendes
ausgedacht
?
Natürlich. Hier ist ein
Vorschlag.
Ja,
also, das ist wirklich sehr einfach und einprägsam.
Unterstreicht das denn auch meine intellektuelle Tiefe und
Lebensphilosophie
?
Unbedingt. Vom Kunststil her ist es
präventives Bauhaus. Es drückt den konsequenten Einsatz und die
Unbeirrbarkeit auf dem persönlichen Weg
aus.
So
soll das sein. Wo würde es denn am besten wirken ?
Um sich richtig zu entfalten, muss
es gut sichtbar sein. Der Kopf wäre da ideal. Auf die eine Backe
käme das J und auf die andere das A. Das Ausrufezeichen käme
mitten auf die Nase.
Einverstanden.
.
.
.
Und so geschah es. Natürlich wäre es
schön, wenn sich E allein damit zum Affen
macht. Aber wir wollten ganz sichergehen und noch einen draufsetzen,
als Überraschung des Hauses. Vor einiger Zeit hatten wir eine
neuartige Sorte von Farbpigmenten zum Testen bekommen. Sie sind
zunächst unsichtbar und erscheinen dann nach einigen Tagen um so
stärker. Damit haben wir ihm
zusätzlich die Adresse der Karate-Doctor Website quer über die
Stirn tätowiert. Das, zusammen mit dem JA und dem
Ausrufezeichen, dürfte der Stellung von E
beim Antisensei einen ganz neuen Impuls geben. Eine wandelnde
Reklametafel, auffällig, kostenlos und
beständig.
.
.
.
Abends kam dann noch F zu uns, der ein ausdruckstarkes Tattoo haben
wollte. Es sollte ein Bild vom
örtlichen Anti-Vereinsvorsitzenden werden. Während der letzten
Wochen hatten wir eine Vorlage erstellt, die jetzt zum Einsatz kam.
F möchte seine Verachtung gegenüber dem
Bauernfänger ausdrücken. Daher bekommt er ein photorealistisches
Tattoo vom Rosstäuscher großflächig auf den Arsch. Es ist nicht zu
übersehen, macht eine klare Aussage und regt die Phantasie
an.
.
.
.
In der
nächsten Folge von Martial Ink lernen wir V
kennen, die von weit her angereist ist, um ihr Tattoo zu
bekommen. In der
Vorbesprechung haben wir festgestellt, dass sie im ***
Verein aktiv ist und viel Wert auf Traditionen legt. Die
Tradition, die V am meisten schätzt, ist
die 3-10 Tradition, das bedeutet alle 3 Monate 10 Euro zahlen
und dafür eine höhere Graduierung erhalten. Sie wird dann eine große
3 und 10 bekommen, die Frage ist nur - an welche
Stelle.
Bis dahin
....
© 2009 HAW +
UNE |