Wahl
der
Miss
Antidojo
2008
Liebe Zuschauer, herzlich Willkommen zur Wahl der Miss
Antidojo 2008. Für die Endausscheidung haben sich qualifiziert Miss
Februar, Miss April und Miss August. Und wir begrüßen recht herzlich
unseren Studiogast, die Miss Antidojo von 1998. Eine Frage, wie war
das bei Ihnen früher ? Was hat sich verändert
?
Zu meiner Zeit herrschte
ein gemischtes Klima aus Unfähigkeit und dem Ableisten von
Gefallen. War Heuchelei früher eine Kür, ist es mittlerweile
unabdingbares Kriterium geworden. Heute befinden
wir uns in einer offenen Leistungsgesellschaft im
willfährigen Spannungsfeld zwischen Arschkriechern und
Mitläufern.
Ein wichtiges Kriterium sind ja trotz allem immer noch
die zahlenmäßig erfassbaren Eigenschaften der Kandidatinnen, die
Idealmaße sozusagen, die berühmten drei Zahlen. Aber auch da sind
die Anforderungen stark gestiegen. Wissen Sie noch, mit welchen
Werten SIe damals gewonnen haben
?
Natürlich, das waren 93
- 75 - 84.
Damit hätte man heute wohl kaum mehr eine
Chance.
Nein, sicher nicht und ich kann auch
die Naivität einiger unerfahrener Teilnehmerinnen nicht fassen, die
sich in die Vorausscheidung mit ähnlichen Werten
reingetraut haben, ohne dies mit einem Feuerwerk an Schleimerei
ausgleichen zu können.
Aber es sind ja wie gesagt nicht nur die messbaren
Größen, die zählen. Entscheidend sind auch ideelle
Werte.
Genau, devote Einstellung,
Charakterschwäche und Unwissen haben schon immer eine bedeutende
Rolle gespielt.
Und auch da hat es Veränderungen
gegeben.
Ja, so hat zum Beispiel das
Kriterium des vorauseilenden Gehorsams immer mehr an Bedeutung
gewonnen.
In der Tat, und nicht zu vergessen die präventive
Heuchelei. Denken wir nur an die Kandidatin, die trotz der
Werte 72 - 74 - 76 Miss September
wurde.
Richtig, und ebenso wichtig
ist die Aufgabe jeglicher Integrität.
Aber kommen wir wieder zur aktuellen Ausscheidung. Gerade
ist eine der Persönlichkeitsprüfungen im Gange. Hierbei wird den
Kandidatinnen das Bild eines rotes Vierecks gezeigt und
sie müssen dann überzeugend darlegen, dass es ein grüner Kreis ist.
Eine sehr praxisrelevante Übung, um Erkenntnisse zu
leugnen.
Was für faszinierende psychologische
Verfahren es doch heute gibt. Wir haben früher einfach drauf
losgelogen.
Parallel dazu finden die Prüfungen auf Anbiederung statt.
Dies geschieht unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Aber das war
nicht immer so.
Richtig. Zu meiner Zeit gab es noch Live
Übertragungen; eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Das
wurde schließlich aus programmtechnischen Gründen
eingestellt.
Konkret häuften sich die Beschwerden über verstörte
Kinder und von Zuschauern, die sich wiederholt übergeben
mussten.
Ach ja. Da gab es wohl das ein oder andere
Missverständnis.
In
diesem Zusammenhang möchten wir noch einmal daran erinnern, dass die
Überprüfung auf Gesinnungsgleichheit bereits vor der eigentlichen
heutigen Veranstaltung durchgeführt
wurde.
Auch das ist eine Neuerung, die es in dieser Form zu
meiner Zeit nicht gab. Eine tolle Methode, um Misstrauen zu schüren
und unliebsame Konkurrenten in Misskredit zu
bringen.
Ja, und hier sind ebenfalls nur geladene Gäste anwesend.
Einiges ist dennoch durchgesickert; Augenzeugen stellten Vergleiche
mit den Hexenprozessen aus dem Mittelalter
an.
Nun ja, hier liegt sicher ein Missverhältnis von
Aufwand und Ergebnis vor, aber bereits zu meiner Zeit gab es
die ein oder andere seelische Misshandlung. Das kann man sicher
missbilligen, aber dabei zeigt sich die Fähigkeit der Kandidatinnen,
auch in misslichen Situationen professionell zu
bleiben.
Die Gesinnungsgleichheit wird ja in Vereins- und
Verbandsebene aufgeteilt. Sie ist in der breiten Öffentlichkeit
nicht so bekannt, darf aber nicht unterschätzt
werden.
Stimmt, man misst diesem Kriterium viel zu wenig
Bedeutung zu. Eine der diesjährigen Favoritinnen, die Miss März,
wurde wegen Verdachtes auf kritische Gedankenansätze über die
Graduierungsschenkungspolitik des Fachverbandes disqualifiziert.
Aber wer die Spielregeln missachtet und so einen Mist baut, hat
selbst Schuld am Misserfolg. Daran gibt es nichts zu
missdeuten.
Zum Abschluss folgt eines der entscheidensten Kriterien
überhaupt. Es ist die aktive Gleichgültigkeit, die in einem
Rollenspiel getestet wird. Die Teilnehmer werden auf Zustände im
Antidojo angesprochen und mit Zeugenaussagen konfrontiert, wobei
unterstützend besonders abstoßende Videos gezeigt werden. Von diesen
müssen sie sich dann unter Beibehaltung eines neutralen Äußeren
empört distanzieren. Neben geflügelten Worten wie etwa „Wem
es nicht gefällt, der kann doch gehen“,
„Das
ist überall so“
oder auch „Das
kann man nicht beweisen“, haben
uns die Kandidatinnen in der Vergangenheit immer wieder mit
schlagfertigen philosophischen Konstrukten überrascht. Denken wir
nur an das unvergessene „Warum
nicht ?“,
das mittlerweile zum Standardrepertoire gehört. Da zeigt sich die
wahre Aufgabe jeglicher Selbstachtung und bedingungsloser
Opportunismus.
Das sind
bewundernswerte Spitzenleistungen, die den Respekt der gesamten
Coltan importierenden Länder verdienen. Wer mit so
etwas aufwächst, kann sich glücklich schätzen. So werden
Leistungsträger
geschmiedet.
Hier ist ganz klar derjenige im Vorteil, der das
Obrigkeits-Standard-Syndrom als
Lebensphilosophie verinnerlicht hat, also die Identifizierung
eines Ausgenutzten mit dem Ausnutzenden.
Gab es das eigentlich schon zu Ihrer
aktiven Zeit
?
Nein, damals wurde das noch als perverse
Utopie
angestrebt.
Mittlerweile sind die Vorführungen beendet und wir erwarten
mit
Spannung das Endergebnis, das jetzt verlesen
wird.
Siegerin und damit Miss Antidojo
2008 ist ----- Miss Februar, eine unterwürfige Serienheuchlerin
mit der Fähigkeit, sich bis aufs äußerste ausnutzen zu lassen
und den Werten 157 - 34 - 142 ----- Gratulation
!!!
Verehrte Zuschauer, das ist ein eindeutiges Ergebnis, eine
perfekte Symbiose aus blinder Loyalität, notorischer Unfähigkeit,
unfassbarer Dummlaberei sowie mehrfacher Übergraduierung.
Und
auch die messbaren Werte überzeugen voll: 157 - 34 - 142, das muss
man sich mal vorstellen und auf der Zunge zergehen lassen: 157
Stunden bei Veranstaltungen geholfen, nur 34 mal Nein gesagt
und 142 Gefallen getan. Die Messlatte wurde wieder ein Stück
höher gelegt.
Wir
sind am Ende der Sendung angelangt und verabschieden uns bis zur
nächsten Wahl. Dann vielleicht mit einem neuen vierten und sogar
fünften messbaren Kriterium: Die Erwähnungen auf der
Karate-Doctor Website und die rangeschleppten neuen Mitglieder.
Bis dahin - Auf Wiedersehen.
© 2008 EWS