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Namen

Langversion

 

 

 

Fängt man vollkommen bei Null an, ist es egal, wie die Dinge bezeichnet werden, welche Namen oder visuelle Symbole sie erhalten.

 

Zum Beispiel Haus, Tür, Hund, Katze, Upsull, Hagnof, Farbe, Grün, Wolke, Frupp, Pring, Tisch, Symbol, Dollarzeichen GO Schild Gesundheitsschädlich Schild Smiley.

 

Nach einiger Zeit, sagen wir Jahren, Jahrzehnten, Jahrhunderten, sind bestimmte Assoziationen und Beiklänge mit jedem Begriff verbunden. Und das ist der Punkt, wo Benennen und Umbenennen kritisch werden.

 

Betrachtet man beispielsweise das Wort Superauto, kommen einem gewisse Dinge in den Sinn, wie hohe Geschwindigkeit, Beschleunigung, Schönheit, Kraft, Stil, usw. Dasselbe gilt für die einzelnen Automarken und ihre Abzeichen.

 

Man denke an Ferrari oder Lamborghini oder Porsche Carrera oder Ford GT oder Pagani Zonda oder ...

 

Was wäre, wenn jemand einem langsamen, trägen, langweiligen, zusammengeflickten Fahrzeug einen bekannten Markennamen gibt, das entsprechende Emblem anbringt und das Ganze zu verkaufen versucht. Wie wahrscheinlich wäre es, damit durchzukommen? Wie würden die Kunden, Händler und Hersteller reagieren ?

 

Wenn man etwas Neuem oder Verändertem einen bereits bestehenden Namen oder auch nur Teile davon gibt, ist das irreführend, sofern es keine überragende Übereinstimmung bei wesentlichen Eigenschaften gibt.

 

Wer hat Lust auf einen Hügel zu spazieren, um danach als Bergsteiger verehrt zu werden ?

 

Betrachten wir einen anderen Begriff, etwa Kampfkunst oder Budo. Wieder sind damit bestimmte Assoziationen verbunden, zum Beispiel Dynamik, hohe Geschwindigkeit, ausgefeilte Technik, Timing, Härte, Disziplin, Genauigkeit, Kontrolle, mentale Kraft. 

Und wieder stelle man sich vor, dass jemand ein Budo-Label an ein bequemes, selbstgefälliges, verweichlichtes, angeberisches, oberflächliches, spaßerzeugendes und was auch immer unpassendes Verhalten anbringt und es zu verkaufen versucht. Wie wahrscheinlich wäre es, damit ... -- Aber nein, halt, es wird erfolgreich praktiziert, zumindest in manchen Teilen dieses Planeten.

 

Es sind da einige wirklich imposante Namen im Umlauf - sogar patentierte.

 

Vernünftige Sprache basiert auf verlässlichen  Zuordnungen zwischen Symbolen und Inhalten. Sich an solch eine einfache Regel nicht zu halten, vergiftet die Sprache, zerstört ihre Funktion der Beschreibung, Aufbewahrung, Erhaltung und des Transportes von Informationen, Konzepten und Ideen über Raum und Zeit. Zuerst werden die Inhalte verdünnt, dann vergessen und schließlich aussterben. 

 

Sollen die möchtegern Budoka tun, was sie wollen, aber unter vollständig anderen Namen oder zumindest mit Zusätzen, die klarmachen, worum es bei ihnen geht. Einige Begriffe bieten sich dafür an, zum Beispiel Pseu-Do, Bonsai-Budo, Spaß-Kampf, Wischi-Waschi-Weg, Zehntel Punkt beinahe getroffen Rangelei, Wellness Kumite.

 

Und sie müssten den Leuten klarmachen, dass sie ihre Graduierungen nicht bekommen, weil sie ein bestimmtes Qualitätsniveau erreicht haben, sondern weil sie die Wartezeit erfolgreich absolviert haben, weil sie zwar ergebnislos, dafür aber fleißig trainiert haben, weil sie motiviert werden sollen, im Verein zu bleiben, weil sie sich gut fühlen sollen, weil sie gerade anwesend sind und schließlich -- warum nicht ? 

 

Betrachte man noch ein Beispiel, das gebräuchliche Wort Meister. Es wird in vielen alltäglichen Bereichen benutzt. Wenn jemand zum Beispiel ein KFZ-Meister ist, erwartet man, dass er seine Urkunde dafür bekommen hat, dass er Bremsen und andere Sachen reparieren kann und nicht, weil er ein netter Kerl ist, sich oft, aber erfolglos bemüht hat und irgendeine Gebühr bezahlt hat.

 

Entsprechendes gilt, wenn man jemanden beim Budo als Meister bezeichnet. Graduierungen, auch die Schülergrade, dürfen nicht vergeben werden, weil jemand nützlich oder eine nette Person ist oder fleißig geholfen hat oder regelmäßig, aber ohne Erfolg, trainiert hat, eine Gebühr bezahlt hat oder den Verein verlassen will, wenn er nicht hochgraduiert wird.

 

Was die Pseudokas betrifft, sollten die ihren Maßstäben entsprechend Fortgeschrittenen nicht einfach Meister genannt werden, sondern vielleicht Spaß-Meister,  Super-Lehrling, Viel-Graduierer, Stempel-König.

Und ihre Gürtelfarben müßten auch geändert werden, weil bestimmte Farben, etwa Schwarz, schon für etwas vollkommen anderes reserviert sind. Sollen sie doch frische und innovative Farbtöne nehmen. Wie wäre es mit  einem türkisen Karomuster mit rosaroten Punkten und einem Hauch von metallic Marineblau.  

 

Auf unterschiedlichen Ebenen ist es die Verantwortlichkeit von Verbänden, von Prüfern und von Trainern, Scharlatanerie und Markenpiraterie zu bekämpfen und entgegenzuwirken.

 

Besser gesagt, es sollte so sein. In der Praxis versagen mehr und mehr der Verantwortlichen, und das meistens mit voller Absicht. Massenweise werden Graduierungen unverdientermaßen verteilt: für Beliebtheit, Gefallen, Geld, Eitelkeit, sozialen Druck und Karrieredenken. Daraus resultieren Gürtel-Inflation, Mangel an Orientierung und Verlust von Inhalten.

 

Um bei der Auto Analogie zu bleiben: die heutigen Straßen sind angefüllt mit wackelnden, rostenden, auseinanderfallenden, quietschenden, rollenden Metallkäfigen; und diese Fahrzeuge tragen Abzeichen mit Pferden, Stieren, Raubkatzen, Sternen, Flügeln, Propellern. Und diese Fahrzeuge sind bewohnt von stolz lächelnden Insassen, die sich mit dem Flair der zur Schau gestellten Marke schmücken wollen.

 

Heutzutage verlagert sich die Aufgabe, in der Budo Welt zu navigieren, von Organisationen und Lehrern zu den Schülern - und die meisten von ihnen werden irregeleitet und scheitern.

 

 

Kurz gesagt:

 

Glasperlen zu verkaufen ist kein Betrug, wohl aber, sie als Diamanten zu verkaufen.

 

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