Türsteher
Der örtliche Antisensei trat seinen
neuen Job als Türsteher bei einer Disco
an.
Hallo.
Hi, können wir rein ?
Ja klar.
Wir auch ?
Natürlich.
Wir haben aber noch unsere schmutzigen
Arbeitsklamotten an.
Macht doch nichts. Die werden drinnen schon sauber
werden.
Habe ich nicht die
falschen Schuhe ?
Ach was, Spikes sind wieder groß in
Mode.
Hallo, ihr da hinten, ja ihr. Hierher. Wischt euch
das Blut ab und kommt rein. Wir haben noch Platz.
Sag mal, soll das hier eigentlich so laufen
?
Ich habe dieses Wochenende schon 500
Eintrittsstempel verteilt. Wir sind so
beliebt.
Der Chef der Kette wird mich sicher
befördern.
Hi, schön, dass du wieder da bist, haben sie dich früher
entlassen ?
Nee, bin abgehauen.
Super, hast du mal Zeit mir zu helfen
?
Die Typen von eben haben hier überhaupt nichts zu
suchen.
Ja, ich regele das schon. Wenn sich die Leute bemühen,
muss man ihnen entgegenkommen.
Da haben eben welche wieder nicht
bezahlt.
Mh, ja, das machen die immer so. Wir wollen keinen Stress
haben. Da muss man ganz diplomatisch
sein.
Hi, was läuft denn bei euch so, was habt ihr für
Publikum ?
Wir haben ein sehr hohes Niveau und sind überall bekannt
und beliebt. Hier ist immer gute
Stimmung.
Hat der Typ nicht überall Hausverbot ?
Ach was, wir müssen die Leute
integrieren,
sonst kommen sie nicht
wieder.
Hallo, ihr beiden, ja ihr, kann ich euch mal kurz
unterbrechen, habt ihr Lust, euch drinnen
weiter
zu prügeln
?
Ich weiß nicht, ob ich reinkommen soll, Musik
macht mich immer so aggressiv.
Ach was, da wächst man rein.
Kann ich meinen Kampfhund mit reinnehmen
?
Natürlich, wir sind traditionell sehr
tierlieb.
Sag mal, ist der Typ mit den Kamikaze-Katzen
nicht auch schon drin ?
Ich kann die doch nicht draußen stehen
lassen.
Du, was ist denn da in den Flaschen
?
So Zeugs eben.
Ach so, dann ist es in Ordnung, viel Spaß. Ich ruf dich
die Tage mal an.
Klar, super. Es ist immer ganz toll
bei euch.
Das ist ein guter Freund von mir, sehr
folgsam,
auf den
kann man sich
verlassen.
Habt ihr an der Theke ne Steckdose und ne
Verlängerungsschnur
?
Ja, mehrere, viel Spaß.
Was hat der denn in seinem Rucksack drin
?
Hm, ja, der
kommt immer sehr gerne, das ist einer meiner
Fans.
Man müsste einen Großteil der Leute
rausschmeißen.
Nein, ich bin der Chef. Ich
weiß auch gar nicht, worum es
geht.
Die Stammkunden haben sich schon
beschwert.
Wem es nicht gefällt, der kann doch
gehen.
Hey ihr ! Hört auf hier vor dem
Gebäude zu randalieren, kommt lieber rein.
Ist da nicht eben einer mit abgesägter
Schrotflinte durchgegangen ?
Wo denn ? Ja stimmt. Hey
du da, komm mal zurück, so kannst du hier nicht
rein.
Wieso ?
Du hast dein Messer verloren, das kann hier nicht
so rumliegen, das musst du mit reinnehmen.
Ja. Danke
!
Ey Chef, ich muss
kotzen, lass mich mal
vorbei.
Komm rein, schön, dass du da bist. Was machst du
eigentlich beruflich
?
© 2008 EWS |
Kommentar
Dies ist wieder ein Artikel, in dem der Begriff
Antisensei nicht unbedingt eine bestimmte Person meint,
sondern als Platzhalter für alle Scharlatane steht. Die Disco
ist das Symbol für einzelne Budo Vereine oder
für einen ganzen Verband. Der Türsteher im
übertragenen Sinne sollte Leute
fernhalten, die sich erheblich danebenbenehmen.
Es geht ziemlich allgemein los.
Noch
ist alles relativ
harmlos.
Die Idee den Türsteher als Thema zu
nehmen, kam durch die "Bouncer Version" von "My Do" aus
den "Entfallenen
Artikeln".
Es steigert
sich iangsam.
Keinen
Wunsch abschlagen und aktive Anbiederung, alles wie
gehabt.
Man kann so einen Text sicher an vielen Berufsgruppen
festmachen. Der Disco / Türsteher Vergleich hat besonders
großes Potenzial, die Absurdität im Verein und im
Verband mit vielen interessanten Analogien darzustellen.
Ein Stück der wahren Absichten schimmert hier
durch. In der Vereinswirklichkeit erleben die meisten
Mitglieder so etwas nur selten in Reinform. Üblicherweise bekommt
man eine Fassade von Freundlichkeit und heiler Welt vorgesetzt.
Für
Beziehungen wird alles
geopfert.
Ab und
zu eine warnende Stimme. Da sollte ursprünglich eine Nebengeschichte
rein, wo die Person dann als
Helfer entlassen und durch einen Ja-Sager ersetzt wird,
aber damit wäre der Artikel
zu überladen
geworden.
Auch
dies spiegelt sich genau so im Verein wieder; und das
ist noch eine der geringeren
Geldverschwendungen.
Ein
potentielles Opfer auf dem Weg zum
Einlullen.
Das
übliche Schönreden mit verlogenen
Sprüchen.
Auch wenn der Artikel allgemein gemeint ist, kommen
zwischendurch einige konkrete Zitate
vor.
Hauptsache die
nichtssagende Statistik zum Angeben
stimmt.
Die
Aufgabe sowohl der persönlichen Integrität als auch dem Sinn der
Sache findet man im täglichen Vereinsgeschehen laufend wieder, bei
Kleinigkeiten und wichtigen Dingen.
Nicht
nur hier wird das falsche Publikum
angelockt.
Wenn das Ganze eskaliert, steigt auf der einen
Seite die Klarheit der Aussage und die Darstellung hat mehr
Unterhaltungswert. Auf der anderen Seite besteht die Gefahr, dass
durch immer extremere Analogien der reale Hintergrund
untergeht.
Als Parallele zur Karate-Doctor Website gab es
hier die Idee, einen Disco-Doctor mit rein zu bringen, aber
das wäre im Rahmen des Artikels zu viel
geworden.
Aus dem gleichen Grund entfallen ist die
Disco-Hausordnung als Parallele zu
Dojo-Regeln.
Spaß ist ebenfalls ein oft vorkommender
Begriff, niemanden abschrecken und irgendeinen
weichgespülten
Brei vorsetzen.
Ein
flüchtiger und im Alltag seltener Einblick in das
zugrundeliegende
Menschenbild.
Irgendwann werden die absurdesten und
verkommensten Zustände zur
Selbstverständlichkeit.
Hier stand
ursprünglich explizit, dass das eine Kettensäge ist. Es kann aber
auch etwas beliebig anderes sein, da kann man die Phantasie spielen
lassen. Außerdem zeigt die Antwort des Antisensei wieder das
Drumherumreden und die
Selbstbeweihräucherung.
Größenwahn,
Dummstellen und Abwiegeln, regelmäßig zu beobachten bei großen und
kleinen
Dingen.
Und wieder ein Zitat. Es wird oft
erwartet, dass die Leute entweder mitmachen oder weggehen
oder
zumindest das Maul
halten.
Die
Satire von heute ist die Wirklichkeit von morgen. Die Satire von
gestern ist in vielen Fällen bereits die Wirklichkeit von
heute.
Die verdorbene innere Logik und die Eigendynamik
dekadenter
Systeme.
Hier noch einmal einige Kernelemente, die
Perversion der eigentlichen Aufgabe, das Anbiedern, Beliebtmachen
und
Ausnutzen.
Das könnte beliebig lange
weitergehen, aber hier ist Schluss. In den Deleted Scenes
stehen einige weitere Punkte, die das Ganze noch etwas ausmalen,
aber an der grundlegenden Idee nichts
ändern.
© 2008 EWS |