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Prüfungen

 

 

Der Sinn von Prüfungen liegt darin, von einem weiter Fortgeschrittenen eine realistische Einschätzung seines Könnens zu erhalten. Eine bestandene Prüfung bedeutet eine Bestätigung des bisher erreichten Niveaus und dass man sich auf dem richtigen Weg befindet. Eine nicht bestandene Prüfung bedeutet, dass die nächst höhere Stufe noch nicht erreicht ist. Prüfungen können nur den Stand dokumentieren. Jemand, der nach einer Prüfung formal eine bestimmte Graduierung hat, hatte diese vorher inhaltlich auch schon. Jemand der sie vorher nicht hatte, wird sie inhaltlich durch einen Stempel im Verbandsausweis nicht bekommen.

 

Soweit die Theorie. In der Praxis sind Prüfungstermine zu  Schenkungsveranstaltungen verkommen, bei denen man den Teilnehmern formal Fähigkeiten bescheinigt, die sie nicht besitzen.

 

Prüfungen sollten aufgefasst werden, wie eine Untersuchung beim Arzt, ehrliche Diagnose und Annahme von Therapievorschlägen. Aber, um bei dem Bild zu bleiben, viele Leute gehen zu solchen Ärzten, die ihnen immer bescheinigen, dass sie gesund sind. Wird dem Patienten im Verlauf der Untersuchung oft noch sein schlechter, nicht selten katastrophaler, Zustand deutlich gemacht, gibt es danach ein Dokument, das gute Gesundheit attestiert. Röchelnd und blutspuckend nehmen es die Patienten freudig und erleichtert entgegen. Der Budogürtel wird zum modischen Accessoire der Selbsttäuschung.

 

Man tut dem Einzelnen und dem Trainingsbetrieb damit keinen Gefallen. Das Nichtbestehen von Prüfungen ist notwendig, um Leuten klarzumachen, dass sie sowohl mit ihren Techniken, aber oft auch mit ihrer Einstellung, ihrem Verhalten, ihrer Vorstellungswelt nicht voran kommen.

 

Wenn das so weitergeht, unterscheidet sich die Oberstufe von der Unterstufe bald nur noch durch die Farbe der Gürtel.

 

© 1999 TDI

 

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